Gesellschaft CJZ Kassel e.V.
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kassel e.V.
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34119 Kassel
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Fax. 0561 / 879 479 59
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Homepage www.cjz-kassel.de
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Dr. Peter Nothaft
„Ein von der Frohen Botschaft Jesu Christi inspiriertes und geprägtes Erziehungs- und Bildungsangebot – das ist sicher die kürzeste und treffendste Formel, auf die man das Selbstverständnis Katholischer Schule bringen kann.“[1] Mit diesem Satz beginnt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, sein Vorwort zur jüngsten Standortbestimmung katholischer Schulen, die die deutschen Bischöfe in Form von sieben Thesen zum Selbstverständnis und Auftrag Katholischer Schule im Jahr 2016 vorgelegt haben. Diese Standortbestimmung ist notwendig und als Wegweisung für die Entwicklung weiter hinein in das 21. Jahrhundert wichtig. Derzeit besuchen über 360.000 Schülerinnen und Schüler die etwa 900 allgemein- und berufsbildenden Katholischen Schulen in der Bundesrepublik Deutschland, die von über 350 unterschiedlichen kirchlichen Trägern verantwortet werden und mit ca. 33.000 Lehrerinnen und Lehrern diese jungen Menschen begleiten. Viele dieser Schulen befinden sich in Phasen innerer und äußerer „Übergänge“, die gestaltet werden wollen, sollen die Schulen eine gesicherte Zukunft haben.
Von der Ordensträgerschaft zur anderen Formen kirchlicher Trägerschaft – Ordensspuren weiter tragen
Die weitaus überwiegende Mehrzahl Katholischer Schulen kommt aus Ordensträgerschaften. Solange Ordensfrauen bzw. Ordensmänner in und an den Schulen präsent sind, fällt die Wahrnehmung als „Katholische Schule“ relativ leicht. Die Personen und ihre Lebensform selbst sind es, die die Wahrnehmung prägen und den kirchlichen Charakter im schulischen Alltag nach innen wie nach außen hin verkörpern. In den vergangenen Jahrzehnten sind jedoch Ordensfrauen bzw. Ordensmänner zusehends durch die personelle Situation der Gemeinschaften aus dem Alltag vieler Schulen verschwunden.
Damit stellen sich in den inneren und äußeren Entwicklungsprozessen der einzelnen Schulen die Fragen: Wie können wir heute als Katholische Schule leben und arbeiten? Wie können wir dabei nach innen und außen erkennbar sein? Wie soll das kirchliche Profil der jeweiligen Schule, das meist ganz stark von der jeweiligen Ordensspiritualität geprägt wurde, weiterleben, wenn die Ordensleute selbst dies nicht mehr vermitteln können? Ist dies überhaupt möglich und wenn ja in welcher Form? Entscheidend ist dabei vor allem die Frage nach geeignetem Personal: Finden sich Christinnen und Christen, die als engagierte Lehrerinnen und Lehrer, auch als Schulleiterin und Schulleiter, fachlich, persönlich und eben auch kirchlich kompetent diese Schulen in die Zukunft begleiten?
Die Rückbesinnung auf die biblischen Grundlagen und die weltkirchlichen Dokumente, die für die Katholische Schule weltweit entscheidende Hinweise geben, stellen im Kontext der genannten Übergänge sowie der Herausforderungen unserer Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts Richtschnur für Chancen und Verantwortungsbereiche von Schulentwicklung bzw. Schulprofil dieser Schulen dar.
Weltkirchliche Grundlangen für ein Profil Katholischer Schulen
Wie können sich Katholische Schulen in einer sich rasant verändernden Schul- und Bildungslandschaft profilieren, d.h. erkennbar und unterscheidbar im schulischen Geschehen sein bzw. werden? Hilfreich dazu ist ein Blick in das Grundsatzdokument des 2. Vatikanischen Konzils zur christlichen Erziehung „Gravissimum Educationis“ vom 28. Oktober 1965. Dieses Dokument weist den Katholischen Schulen einen besonderen Stellenwert in der christlichen Erziehung, in der Verantwortung der Kirche und im Gesamtfeld kirchlichen Handelns zu. So heißt es in Art. 8 über die besondere Aufgabe einer Katholischen Schule gerade im Feld einer vielfältigen Bildungslandschaft: „Ihre besondere Aufgabe aber ist es, einen Lebensraum zu schaffen, in dem der Geist der Freiheit und der Liebe des Evangeliums lebendig ist“[2]. Die Begriffe „Lebensraum“ sowie „Freiheit und Liebe des Evangeliums“ umreißen einen sehr weiten Auftragsrahmen zusätzlich zum allgemeinen schulischen Bildungsauftrag als die besondere Herausforderung für eine Katholische Schule. Dabei ist der Gedanke von der Schule als Lebensraum durchaus auch in der allgemeinen Pädagogik bzw. Schulentwicklungstheorie gebräuchlich[3]. Bringt man ihn jedoch mit der „Freiheit und Liebe des Evangeliums“ in Verbindung, richtet sich der Blick ganz und gar auf die menschliche Person des Kindes oder Jugendlichen, der in dieser Schule als Schülerin oder Schüler lebt und arbeitet. Dieser Blick auf die Person, auf das Kind und den Jugendlichen, ist im Kontext Katholischer Schule geprägt bzw. geleitet vom christlichen Menschenbild, das die Grundlage jeglicher Arbeit des Lehrens und des Lernens an einer solchen Schule darstellt. Insbesondere die Lehrkräfte und alle dort tätigen Erwachsenen kommen nicht umhin, sich mit diesem christlichen Menschenbild auseinander zu setzen und es letztlich zur Grundlage jeglicher Pädagogik zu machen.
Das christliche Menschenbild als Angelpunkt für Profil und Schulentwicklung
Welche Schwerpunkte prägen dieses Bild vom Menschen auf der Basis des biblischen Glaubens und welche Konsequenzen folgen für das schulische Leben?
Christinnen und Christen an einer Katholischen Schule dürfen diese Sichtweisen des Mensch-Seins für sich selbst in Anspruch nehmen. Das alltägliche Handeln im Unterricht, in Begegnungen mit jungen Menschen und Erwachsenen bis hin zu Fragen der Leistungsmessung oder der Disziplin muss aber genauso diese Sichtweise auf die schulisch Anvertrauten hin erkennen lassen. Daher brauchen Katholische Schulen eine eigene Ausprägung gerade im „Kerngeschäft“ von Schule, dem Unterricht.
Profilierte Schulentwicklung
Katholische Schulen brauchen als Ziel ihrer Entwicklung eine Leitidee, die zum einen die Grundbestimmung von Katholischer Schule, wie sie etwa Gravissimum Educationis, aber auch nachfolgende kirchliche Dokumente[5] bis heute umschreibt, und zum anderen die Erkenntnisse aus Erziehungswissenschaft und Schulentwicklungstheorie berücksichtigt. Die sieben Thesen, die die deutschen Bischöfe hierzu im Dokument von 2016 vorlegen greifen diese Grundbestimmung auf und geben Hinweise, wie eine Umsetzung auf die heutige Situation hin, aussehen kann:
Die jeweilige Ausprägung der schulspezifischen „Idee“ von Katholischer Schule wird schulartspezifisch, träger- und traditionsbezogen wie auch von regionalen und lokalen Färbungen abhängig ausfallen. Die immer noch bestehende Vielfalt der kirchlichen Träger und ihrer Strukturen bedingt dies entscheidend.
Grundsätzlich fordert Katholische Schule von der Kirche als Konsequenz ihrer Trägerschaft dauerhaft Investition in die Menschen, die diesen Lebensraum im Geist der Freiheit und der Liebe des Evangeliums gestalten sollen: Qualifizierte Aus- und Fortbildung von Lehrkräften insbesondere auf die theologischen und pädagogischen Grundlagen kirchlicher Schulen hin, Begleitung von Lehrerinnen und Lehrern an diesen Schulen in spiritueller und persönlichkeitsstärkender Weise, eine Bindung dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über möglichst lange Zeit an diese Schulen, sowie der Mut, gerade mit den eigenen Schulen als Kirche immer wieder Neues zu erproben und pädagogisch eigene Wege zu gehen. Die Anstrengungen, die hierzu derzeit von einzelnen Trägern, Trägerverbünden, den Diözesen wie auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz unternommen werden, sind beachtlich. Katholische Schulen müssen nicht nur gute Schulen ihrer Schulart sein, sondern gleichzeitig erkennbar „Katholische Schule“ sein – oder sie werden nicht mehr sein.
Nur so können sie weiterhin „ein wesentliches Element des Engagements der Kirche im Bereich von Bildung und Erziehung“[7] bleiben, wie es der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in seinem Vorwort zu den 2009 veröffentlichten Qualitätskriterien für Katholische Schulen formuliert. „Grund für dieses Engagement (sc. für die Katholische Schule – Anm. d. Verf.) ist das Interesse an den Menschen. Die Überzeugung, dass Gott jeden Menschen aus Liebe einzigartig erschaffen hat, motiviert Christen seit jeher, ihre jungen Mitmenschen bei der Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen.“
Der Autor ist Leiter der Hauptabteilung Religionsunterricht,
Schulen und Hochschulen im Bischöflichen Ordinariat Eichstätt.
ANMERKUNGEN
[1] Die deutschen Bischöfe (2016), S. 5.
[2] Rahner, Karl, Vorgrimmler, Herbert, (1984): S. 343.
[3] Vgl. dazu Nothaft, Peter, (2012): S. 115 ff.
[4] Vgl dazu Reheis (2007): S. 32ff.
[5] Vgl. dazu Nothaft, Peter (2012): S. 51-70.
[6] Die deutschen Bischöfe (2016) – im Dokument werden die gen. Thesen auf die schulische Praxis hin ausgefaltet.
[7] Die deutschen Bischöfe (2009): S. 7.
[8] Ebd..
LITERATUR
* Die deutschen Bischöfe, Qualitätskriterien für Katholische Schulen, Bonn, 2009.
* Die deutschen Bischöfe, Erziehung und Bildung im Geist der Frohen Botschaft, Bonn, 2016.
* Nothaft, Peter, Ermöglichung als Schlüsselbegriff für die Entwicklung Katholischer Schule, Münster, 2012.
* Rahner Karl, Vorgrimler, Herbert (Hg.), Kleines Konzilskompendium, Freiburg, 1984.
* Reheis, Fritz, Bildung contra Turboschule – Ein Plädoyer, Freiburg, 2007.
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